Die Reduktion auf den farblichen Kontrast Schwarz und Weiß ist wenigstens seit dem Expressionismus ein bewusst gewähltes Bildmittel. Vornehmlich bei jüngeren Künstler:innen der Gegenwart findet es immer mal wieder eine kleine Renaissance. Selbst in der Malerei. Nun sollte jedoch nicht jede Ausstellung, in der sich schwarz-weiße Arbeiten finden, diesen Umstand besonders betonen. Denn die Reduktion ist auch als Kostenfrage nicht weniger bedeutend denn als künstlerisch-philosophische Inhaltlichkeit. Zumal, wenn er sich um Grafik handelt. Insofern verbietet sich für die kleine Ausstellung im grafischen Kabinett des Museums Abteiberg jede Hervorhebung in dieser Hinsicht. Schließlich sind die zur Sammlung Etzold gehörigen Folgen und zusammenhängenden Grafikarbeiten (Mappen) auch ganz anders und sinnfälliger gruppiert.

Von Jan Schoonhoven (* 1914) sind acht Prägedrucke zu sehen. Horizontal von Linien durchgezogen, die durchbrochen zu einzelnen Punkten „entkernt“ zu Quadraten sind, behalten diese weißen Seiten einen flächigen Charakter fester Ordnung. Lucio Fontanas (1899–1968) sechs Original-Radierungen von 1965 scheinen in Un-Ordnung. Fontanta durchlöchert das Blatt senkrechten Reihen, spurengleich mit bis zu vier solcher Reihen nebeneinander. Das ähnelt einem Verwunden, Verletzen des Bildes. Drumherum ziehen sich deformierte Kreise, die wie zur Lokalisierung dienen. Günther Uecker (*1930) ist ebenfalls mit einem Prägedruck vertreten, „einsam gemeinsam“ von 1971. Erkennbar sind neun rhythmisch-dynamischer Gruppierung.

Die vier Siebdrucke von Francois Morellet verfolgen, ausgehend von einem einfachen Blatt, die Entwicklung eines dichten, nur aus Geraden bestehenden Netzwerkes. Reiner Kallhardts (*1933) Quadrate unterscheiden sich nur in dem ausgefüllten Flächenbestandteil; vergleichbar damit sind auch die farbigen Rasterarbeiten von Dieter Rot (*1930), die jedoch ein räumliches Empfinden (Einblicke/Aussichten) zumindest möglich werden lassen. Norbert Thomas (*1947) verzichtet schließlich auf jede flächenbildende Form und setzt nurmehr Linien verschiedener Maße nebeneinander.

Jean Tinguely (1925–1991) Farblithografien erinnern an das kindlich-nervige Ausmalen bunter Filzstifte, sind in Ordnung entzogene farbliche Orientierungen auf dem Blatt. Horst Wohlers’ (*1935) Mappe Nr. 292 von 1970 setzt schließlich einen theoretisch-wissenschaftlichen Ausgangspunkt in einem Blatt, dass eine sogenannte „chaogene Textur“ darstellt.

Quelle: Stefan Skowron in der Rheinischen Post vom 21. Februar 1994