Seit seiner ersten Museumsausstellung „Miete, Strom, Gas“ (1986) in Darmstadt hat Martin Kippenberger zwar im Ausland viele Einzelausstellungen gezeigt, jedoch keine größere mehr in Deutschland und schon gar keine in seiner Heimat Nordrhein-Westfalen (*1954 in Dortmund, aufgewachsen in Essen, längere Aufenthalte in Köln). Mit einer größeren Präsentation im Abteibergmuseum in Mönchengladbach sollte Kippenberger endlich der Platz zugewiesen werden, den er sich auf der internationalen Kunst-Bühne bereits erobert hatte: nicht der eines unterhaltsamen Entertainers, sondern eines zwar unbequemen, aber wichtigen Künstlers, der den Kunstbegriff der Gegenwart in Europa entscheidend beeinflusst hat.

Während gleichzeitig in Genf eine Retrospektive mit dem bescheidenen Titel „Respective“ zu sehen war, zeigte Kippenberger am Abteiberg drei jüngere bzw. brandneue Werkkomplexe. Im Zentrum stand eine thematische Hommage an das Ei, ein Leithema des Künstlers, dem er in vielen Jahren immer wieder neue Sujets in der Form von Zeichnungen, Bildern und Skulpturen abgerungen hat: ab ovo, also dem Ursprung der Welt, bis zum Spiegelei, einem speziell deutschen Favorit der Hausmannskost. Von besonderem Interesse waren die Vitrinen mit Eiobjekten, in denen eigene Arrangements mit Variationen über das Ei und seine Wirkungsgeschichte im deutschen Volksgut zu sehen waren. Eine besondere Attraktion versprach der Eierwagen, den der Künstler selbst fuhr, nach dem Motto: „Jetzt kommt der Eiermann“. Schließlich war der Ausstellung noch eine Kollektion von Kinderüberraschungseiern des Sammlers Thomas Grässlin beigefügt, die mit ihren wunderlichen Objekten und Displays das Eierparadies perfekt machte.

Eine weitere Gruppe war die Bilderfolge: „Jacqueline: die Bilder, die Picasso nicht mehr malen konnte“. Die Erstpräsentation plazierte Kippenberger in eine Galerie gegenüber dem Picasso Museum in Paris. Die Serie ist Picassos letzter Ehefrau gewidmet, aber natürlich auch eine Auseinandersetzung mit der Malerei Picassos.

Schließlich war die Rauminstallation: „Spiderman-Atelier“ zu sehen, ein autobiographisches Arrangement aus Skulptur und Gemälden, bei der es um den Künstler und seine Produktion geht. Spiderman schaut aus seinem Haus heraus, das Arbeitszeug (Bronzepinsel) kampfbereit in den Händen. An den Wänden stehen Bilder, die über die Produktionsumstände Rechenschaft abgeben (Red Wine, Speed usw.). Man sah auch an einer Wand einen Ausguss mit Abfluss zum Ausscheiden von Arbeitsschmutz und Urin.

Martin Kippenbergers künstlerische Arbeiten sind keine Exponate im gewöhnlichen Sinn. Er nimmt vielmehr einen reflektierten Bezug zum Kunst- und zum Alltagsobjekt auf, indem er die institutionellen und soziologischen Komponenten gegenüberstellt oder gar vertauscht. Die Synthese von Ready Made, Skulptur, Bild und Collage geschieht dann auf sprachlicher Ebene, die in ihrem kalauernden Ton den Betrachter auffordert „ganz unten“ mit Betrachtung und Reflexion anzufangen. Deshalb ist jede Ausstellung des Künstlers als Teil eines Netzwerkes zu sehen, in dem er auch in der Rolle des Museumsdirektors (MoMAS) auf der griechischen Insel Syros auftritt oder mit global verteilten U-Bahn-Eingängen und Lüftungsschächten gedankliche Verbindungen stiftet.

Zur Ausstellung erschien ein Bildband mit über hundert Seiten Farb- und s/w-Abbildungen der Ei-Thematik im Oktogon-Verlag. Verkauf an der Museumskasse DM 29,-. Außerdem gab das Museum Abteiberg eine unlimitierte Prosecco-Edition von Martin Kippenberger heraus, die für DM 18,- an der Kasse erhältlich war.