8. November 2015 – 14. Februar 2016

realisiert in Kooperation mit
TATE Liverpool und LENTOS Museum Linz

Ausstellungseröffnung:
Sonntag, 8. November, 12 Uhr

Pressevorbesichtigung:
Freitag, 6. November, 11 Uhr

Cathy Wilkes (*1966, geboren und aufgewachsen in Belfast) zählt zu den Protagonisten der Glasgower Kunstszene, die seit den späten 1990er Jahren große internationale Bedeutung besitzt.
Wilkes ist eine der Pionierinnen mit frühester Präsenz, doch zugleich eine Einzelfigur, da sie von Beginn an eine härtere Auseinandersetzung der menschlichen Darstellung zeigt, die dem sozialen Realismus gewidmet ist. Und so demonstriert ihr gleichermaßen skulpturales, malerisches und installatives Werk die Möglichkeit, für die heutige Gegenwart Genrebilder zu finden.
Diese Genrebilder entstehen nunmehr aus Mannequin-Figuren oder Puppen und vielerart gefundenen Objekten und Stoffen, die zu skulpturalen und räumlichen Szenerien verbunden werden. Ihre Skulpturen wirken malerisch, da sie oft mit Farbe oder auch Dreck bearbeitet wurden. Hinzu kommen Gemälde und divers bearbeitete Leinwände und Holzplatten, die wie Spuren oder ganz knappe Skizzen von existenziellen Situationen wirken: Weit entfernt von der vertrauten Genremalerei der Kunstgeschichte ist Wilkes Malerei abstrakter, materieller und zugleich immaterieller. Hiermit trifft Wilkes auf eine Erwartungshaltung von Betrachtern, die alles Abstrakte als unverbindlich, formalistisch, pointillistisch oder gestisch verstehen wollen und nunmehr jetzt in ihren Konstellationen von einer anderen Haltung erfahren: Denn hier ist alles Abstrakte getränkt mit Sozialem, Psychologischem, Realem. Diese vermeintlich reinen Bilder von Cathy Wilkes sind ebenso körperlich wie ihre Mannequin-Figuren und geisterhaften Puppen, und damit ebenso Menschenbild wie jene, die sie nackt oder drapiert mit fahlen Stoffen in den Raum stellt. In der Konstellation all dieser Elemente liegt eine absolut ambivalente Intensität, die Wilkes’ Werk so herausragend einzigartig macht (vermutlich nur vergleichbar mit dem Werk des deutschen Kollegen Kai Althoff): Es ist eine tiefe Traurigkeit, eine existentielle Dar- und Ausstellung von Leben und Tod, eine Darstellung von Trauer, wie eine dramatische Szene auf einer fiktiven Bühne.

Gerade vor letztgenanntem Hintergrund scheint es wichtig, Cathy Wilkes, die nunmehr erstmalig eine größere institutionelle Schau in Großbritannien erhielt, auch in Deutschland zu zeigen: Denn die Tropen von modernem Existentialismus und Brechtscher Bühnenhaftigkeit, die man in der zeitgenössischen Kunst heute so gerne sieht, sind von Cathy Wilkes mit erfunden worden. Und zwar in einer so präzisen Weise, dass man die Transformation von einem Ausstellungsraum in einen Bühnenraum in einen Lebensraum in einen Albtraum erlebt – und dabei tatsächlich ergriffen wird.

Cathy Wilkes ist eine Künstlerin, die eher selten und mit großem Bedacht ausstellt. Das Konzept dieser Ausstellung – die in den Räumen von TATE Liverpool, Lentos Museum Linz und Museum Abteiberg sehr unterschiedliche Gestalt annimmt, ist eine Zusammenfügung von Werken aus verschiedenen Phasen ihrer Arbeit: Eine Versammlung von Werken seit 1998, sowohl Rauminstallationen und Skulpturen als auch Gemälden und Skizzen, die nunmehr von der Künstlerin miteinander verbunden werden und zu einer großen Arbeit verschmelzen. Es handelt sich um Werke aus Privat- und Museumsbesitz, die mit Erlaubnis der Eigentümer nun temporär ihre Umrisse und Grenzen verlieren. In einem Akt umfassender künstlerischer Wiederaneignung baut Cathy Wilkes aus ihnen allen eine große räumliche Installation.
Cathy Wilkes hat für die drei Stationen dieser Ausstellung einen Katalog realisiert, der Aufbau und Atmosphäre ihres Konzepts in einer Abfolge von Bildern und eigenen Texten kommentiert: Paperback, 64 Seiten, 26 ganzseitige Abbildungen, Preis an der Museumskasse 17,50 Euro.

Die Realisierung der Ausstellung im Museum Abteiberg wurde gefördert durch die Kunststiftung NRW und die Hans Fries-Stiftung.