Pressevorbesichtigung: Donnerstag, 3. März, 11 Uhr
Ausstellungseröffnung: Sonntag, 6. März, 12 Uhr
Begrüßung:
Hans Wilhelm Reiners, Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach,
Dr. Karin Lingl, Geschäftsführerin Stiftung Kunstfonds e.V.
und Susanne Titz, Direktorin Museum Abteiberg
anschließend um 14 Uhr:
Ausstellungsgespräch mit Monika Baer
Monika Baer, Absolventin der Kunstakademie Düsseldorf in den frühen 1990er Jahren, gehört zur ersten Generation von Malerinnen, die sich in der – insbesondere im Rheinland – sehr männlich geprägten deutschen Malerszene durchsetzten, nachdem es zuvor einzelne Malerinnen waren, die durch das Geflecht der Abmachungen durchdrangen wie zum Beispiel Christa Näher. Bereits Baers frühe Werkphasen erregten Aufsehen durch die Brechung von Erwartungshaltungen. Durch die Zusammenführung von Figuration mit Erkennungszeichen der abstrakten Malereitradition. Durch aufgeladene Szenarien einer theatralischen Inszenierung von Motiv, Komposition und Farbe, in denen die einzelnen Elemente einander kontaminieren, weil sie einander auszuschließen scheinen. Durch Aufbrüche und Abgründe von Oberflächen, sei es als Bild oder Material, Abgänge vom Abstrakten ins Körperliche und Dingliche. Inzwischen stellt Monika Baer für internationale Künstlerinnen und Künstler der jungen Generation eine der wichtigsten und wegweisenden Positionen dar.
Das Museum Abteiberg und die Kestnergesellschaft Hannover sind glücklich darüber, dass die Künstlerin eine große Werkschau für beide Häuser konzipiert hat. Sie zeigt die jüngsten Werkgruppen der Jahre 2013 bis 2016 zusammen mit ausgewählten Arbeiten der vergangenen zehn Jahre, die in pointierten räumlichen Konstellationen zu erleben sein werden. Die Ausstellung ist im Museum Abteiberg vom 6. März bis 12. Juni, anschließend in der Kestnergesellschaft Hannover vom 2. September bis 6. November 2016 zu sehen.
Die Sujets fragwürdiger Malereigeschichte und der fraglichen gegenwärtigen Möglichkeiten der Malerei – als aktuelle Artikulations- und Reflektionsmethode – durchdringen Baers Werk bis hin zu den zwei jüngsten Werkreihen zum Thema Alkohol aus der Zeit von 2013 bis 2015, die im Zentrum der Ausstellung stehen: Sie zeigen zwei unterschiedliche Vorgehensweisen zu einem Thema und damit in Produktion und Präsentation ein Verfahren der Doppelgleisigkeit, das charakteristisch für Baers Werk ist. Die vorangegangene Reihe Rote Wand (2011/2012) ist Gegenspieler der cremigen Monochromie der Schlüssellochbilder (rear paintings, 2012), deren Behauptung des minimalistisch abstrakten Bilds am trivialnarrativen Element eines Schlüssellochs scheitert. Die sogenannten Busenbilder (ohne Titel, 2008/2009) stehen in Opposition zu den vermeintlich abstrakten monochromes (2008-2012), die in ihrem eingeschnittenen Spinnennetzmotiv hängenbleiben, das einem realen Spinnennetz abgenommen ist.
Die neue Gruppe der Alkoholbilder besteht einerseits aus einer Serie von (bisher) fünf hellen großformatigen Bildern, in deren unterer Hälfte realistisch gemalte Flaschen in Übergröße aufgereiht sind: Deren illusionistische Trompe l’Oeil-Effekte wirken wie Köder, die das willige Auge ins Bild hineinziehen. Über diesen Flaschen erstreckt sich eine atmosphärische Leere, in der die Malerei als eine Art Halluzination vorgeführt ist: ein dynamischer Pinselduktus und skizzenhafte Zeichnungen von Gesichtern erscheinen da, die des Trinkers – oder der Trinkerin, es gibt Farbspuren, mit den Fingern aufgebracht, bei denen nicht klar ist, von wem sie stammen. Sind diese Gesten, die für Direktheit und Unmittelbarkeit stehen, Motive innerhalb einer Narration? Die zweite Serie innerhalb der Gruppe ist mit „on hold“ betitelt. Diese Bilder erscheinen das Negativ der hellen Serie zu sein, ein geisterhaftes Gegenüber. Manche zeigen helle, mit der Schablone aufgetragene Labels, die der Flaschen, – nur ohne ihre Körper – die im Schwarz wirbeln. Andere haben gespachtelte Ölfarbfladen, Farbwürste, die der Schwerkraft unterliegen, Spiegel und hier und da ein Regenbogenmotiv. Sie alle sind Versatz-stücke aus früheren Arbeiten der Künstlerin, die hier objekthaft auf dem Schwarz erscheinen – als sei das der Ort, an dem sie eigentlich sind, wenn sie nicht in den anderen Bildern ihren Einsatz haben.
Die Skepsis gegenüber der Vorstellung von Einheitlichkeit und kohärenter Autorenschaft bestimmt die Bildauffassung. Die Unmöglichkeiten und Möglichkeiten der Malerei werden in ihren Problematiken aufgeführt: Das Bild als Bühne oder als in Szene gesetztes Objekt selbst, oder als beides zugleich. Die neuesten Arbeiten der Alkohol-Gruppe verstärken den szenischen Charakter von Baers Malerei, der seit den frühesten Arbeiten virulent ist. Zugleich zeigen sie die spezifische Verbindung von expressiver Gestik, Abstraktion und Pop Art, die hier zu einer gemeinsamen Handlung kommen, knapp am Kollaps vorbei. An den Grenzen und Limitierungen des Bilds wird dessen etwaiges Potential besonders aktiviert. So auch an der Grenze vom Bild zum Nicht-Bild, wenn die untere Kante als buchstäblich unten behandelt ist. Dort hin fallen die gemalten Gegenstände. Wie in Ledge und allen anderen großformatigen Alkoholbildern der Ausstellung sind die Flaschen im Bild knapp oberhalb der unteren Bildkante gemalt, fast als ruhten sie auf dem Keilrahmen hinter der Leinwand, wie auf einer Planke. Die obere Bildkante wird genauso behandelt, wenn in einzelnen kleinformatigen Bildern ein Gegenstand auf ihr platziert wird, wie auf einer Bühne: Schlüssel, Zigarette oder Schnapsfläschchen -was die Tasche hergibt. Das Bild wird unmittelbar zum Objekt, wenn die Leinwand aufgeschnitten und der Keilrahmen Teil der Komposition wird oder eine sichtbare Naht durch die Leinwand läuft, die ihre Teile zusammenhält – in den sogenannten Busenbildern (ohne Titel), den Bildern extended failure oder in pieces.
Man könnte Monika Baers Arbeit als ein fortlaufendes Projekt sehen, in dem die Themengruppen mit ihren dazugehörigen Arbeitsweisen aus- und aufeinander folgen, wobei immer Bezüge zu früheren Arbeiten aufrecht gehalten werden und sich neue Elemente in das Arsenal einfügen. Die Motive, die hierin agieren, sind alles andere als unbelastet: Spinnennetze, Busen und Mauern, Spielkarten, Alkoholika und Schlüssellöcher. Allein die Aufzählung dieser Bestandteile zeigt Baers doppelbödigen Zugriff auf die Malerei, deren Distinktionsmerkmale – malerische Geste, Stil, bis hin zu Intention und der sogenannten Haltung – nicht mehr pur zu haben sind, sondern unrein, kontaminiert und berauschend.
Monika Baer studierte von 1985 bis 1992 an der Düsseldorfer Kunstakademie in der Klasse von Alfonso Hüppi. Baer lebt in Berlin und unterrichtet an der Milton Avery School of Fine Art at Bard, New York und am Berlin Programme for Artists. 2013/14 realisierte sie am Art Institute of Chicago und dem Williams College Museum of Art, Williamstown MA, USA, zwei große Retrospektiven ihres Werks.
Im Rahmen der Ausstellung erscheint ein neues Buch von Monika Baer.
Die Ausstellung wurde gefördert durch die Stiftung Kunstfonds e.V. und die Hans Fries-Stiftung. Im Rahmen der Ausstellung förderte das Land Nordrhein-Westfalen den Ankauf eines Gemäldes für die Sammlung des Museums Abteiberg. Das Projekt wurde konzipiert gemeinsam mit der Kestnergesellschaft Hannover und ist dort vom 2. September bis 6. November 2016 zu sehen.