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Die Ausstellung bildet anhand von hundert Vintage Prints einen Überblick über die Fotografie der Avantgarde in der Tschechoslowakei der Zeit zwischen 1918 und 1938. Die erste Republik war nach dreihundert Jahren währender Fremdherrschaft und dem Ende der Habsburgmonarchie eine Periode des erstarkten Selbstbewusstseins und der Ausbildung der eigenen Identität für dieses Kernland Mitteleuropas, bevor es durch das Münchner Abkommen von 1938 der deutschen Okkupation ausgeliefert wurde.
Die Zwischenkriegszeit zeichnet sich in der Tschechoslowakei durch ausgeprägte Neuerungen und avantgardistische Strömungen in Architektur, Literatur, bildender Kunst, Theater und im Bereich der Fotografie aus.

Die tschechische Fotografie der 1920er-und 1930er-Jahre ist geprägt von neuen künstlerischen Entwicklungen in Europa, wie etwa dem Kubismus und dem Surrealismus in Frankreich, dem Futurismus in Italien, dem Konstruktivismus in der Sowjetunion und besonders den Tendenzen der Neuen Sachlichkeit und des Bauhauses in Deutschland.
Die malerische Haltung der Jahrhundertwende wurde als traditionell abgetan, und es entwickelte sich in der tschechischen Fotografie eine Suche nach der Wirklichkeit, nach einer adäquaten Schilderung der Realität und einer neuen Bildsprache dafür. Die frühen symbolistischen Porträts von Frantisek Drtikol, der erfolgreiche Maler und „Ahnherr“ der tschechischen Fotografie, weichen im Laufe der 1920er-Jahre avantgardistischen Kompositionen, Bewegungsstudien und ausgeklügelten fotografischen Sujets, die auf Kontraste und Abstraktion aufbauen.

Für Jaromír Funke, Josef Sudek und Jaroslav Rössler, zugleich die berühmtesten Fotografen dieser Zeit, steht der „fotografische Moment“ im Zentrum ihrer Arbeit. Sie arbeiten mit Licht und Schatten, Stillleben werden in geometrische Kompositionen aufgelöst, ungewöhnliche Perspektiven formulieren einen neuen fotografischen Blick. Gleichzeitig entsteht unter dem Einfluß des Surrealismus – Parallelen dazu finden sich in der tschechischen Literatur, etwa bei Karel Capek – magische und poetisch-narrative Bilderzählungen, in denen Groteske, Situationskomik, Alltagsrealität und Poesie eine besondere Rolle spielen. Es sind ausgesuchte Werke aus den wichtigsten tschechischen Sammlungen, die das hohe Niveau und den eigenständigen Charakter dieser Fotografie in den spannenden Jahren zwischen den Kriegen belegen.

Zur Ausstellung ist ein Katalog mit Texten von Margit Zuckriegl, Antonín Dufek und Vladimir Birgus erschienen, der dieser höchst eigenständigen und differenzierten Entwicklung Rechnung trägt. Die Mehrzahl der Exponate ist ganzseitig abgebildet: Fotografien von Frantisek Drtikol, Jaromír Funke, Josef Sudek, Jaroslav Rössler, Drahomír Josef Ruzicka als den berühmtesten Protagonisten und weiteren, noch nicht so oft gezeigten Künstlern wie Josef Bartuska, Ladislav Emil Berka, Otakar Lenhart, Václav Zykmund und einer fotografischen Serie des Schriftstellers Karel Capek.