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Die Bilder des dänischen Malers Tal R bedienen sich unseres Vorwissens, das wir über die malerische Avantgarde und die Entwicklung der letzten Jahrzehnte haben. Mit dieser Vereinbarung kann der Künstler der Raffinesse ebenso aus dem Weg gehen wie dem kalkulierten Unbewussten und Primitiven. Das Infantile ist sozusagen der Schutzmechanismus hinter dem er eine geheimnisvolle oft düstere Bildwelt voller versteckter Botschaften aufbaut. Playmobil und Duplo, wie Hans-Werner Schmidt feststellte, sind die eine Seite davon, auch kann man die frühen Nintendo-Spiele von Supermario hinzufügen, wo alles Bösartige zunächst friedfertig angehüpft kommt. Bei Supermario und anderen noch sehr flächigen Computerspielen der achtziger Jahre gibt es auch die Kopf- und die Fußleiste, bei der oben Punkte gesammelt werden und unten der Absturz ins Nichts erfolgt; ähnlich bei der Kabbala mit allem was sich oberhalb und unterhalb der Sephirots zuträgt.
Tal R selbst sagt im Gespräch, dass er oft Bilder so präzise zu malen anfängt wie ein Teenager, der sich sorgfältig die Lippen schminkt und die Augen tuscht, bevor er auf eine Party geht. Aber dann kann es vorkommen, dass das Bild stecken bleibt und eine ganz andere Wendung nimmt wie so manche Party, die einmal harmlos angefangen hat. Der Sombi-Club, von Tal R thematisiert, wird nicht mit Z geschrieben, deshalb kann man wie im Traum durch Erwachen nochmals davon kommen.
Aber so, wie die Matisse-Farben oft eine traumhafte Veränderung erfahren, entpuppen sich auch so manche Bildsujets als unberechenbare Komponenten. Vegetabile Formen mutieren zu fleischfressenden Pflanzen, Beatles-Pilzköpfe werden zu gefährlichen, die Gesichter überwuchernden Haarzombies, Dominosteine bilden Verliese und Geister schwirren wie Noten durch die Lüfte. Nicht Schwarz, sondern Weiß ist die Farbe des Entsetzens. Vieles von Tal R’s Kunst scheint nicht aus der Malerei, sondern aus der Literatur und dem Film zu kommen. Stephen King und David Lynch, Ingmar Bergman und Lars von Trier sitzen mit im Boot. In früheren Katalogen sind Bilder auf schmuddelige Tapeten oder vor Türöffnungen gehängt. Manchmal stellt sich der Maler selbst dahinter oder bildet sich mit über dem Kopf gestülptem Sack ab. Die Zeichnungen schließlich bilden vollends ein Szenario des Grauens (Baghave by Tal R, Kopenhagen 1999). Hier sind schon früh viele Ideen in der Art Pieter Breughels, Robert Crumbs und Raymond Pettibons enthalten, die später seine Bilder bevölkern.
Die Malerei von Tal R bewegt sich über kindliche Pattern von Bilderbüchern auf höchst subtile Weise in eine bedrohliche archaische Welt hinein, in der die Farbakkorde eine unverwechselbare Konstante bilden. Wir befinden uns im Supermarkt des Voodooh. Tal R wurde 1967 in Israel geboren und studierte von 1994 bis 2000 an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in Kopenhagen. Neben zahlreichen Einzelausstellungen in Dänemark, Israel, Großbritannien und den USA war er 2001 Atelierstipendiat der Stadt Mönchengladbach.
Die Ausstellung FRUITLAND mit zehn großformatigen, zum Teil ganz neuen Bildern ist seine erste Museumsausstellung in Deutschland. Es ist ein Katalog mit einem Text von Veit Loers erschienen.
Die Ausstellung wurde gefördert durch das Kulturamt der Stadt Mönchengladbach, die Josef und Hilde Wilberz-Stiftung und die Danish Contemporary Art Foundation.