Nach dem dänischen Maler Tal R ist es wieder an der Zeit einen städtischen Stipendiaten auszustellen. Diesmal ist es ein konzeptueller spanischer Künstler, ein Katalane, der in Barcelona studiert hat und lebt. Er ist den Verhaltensweisen der menschlichen Gesellschaft in grotesk-komischer Weise auf der Spur. Seine opera buffa arbeitet mit Objekten und Videos, deren grimmige Ironie unsere Vorurteile gegenüber Mitmenschen und Tieren entkräften und den, der sich mit seiner Kunst beschäftigt, beschämt. Gleichzeitig muss man in dieses Gelächter mit einstimmen. In der Ausstellung ist außerhalb des Museums, vor einem Fenster oder der Eingangstür, ein ausgestopfter Hund zu sehen, der offensichtlich auf einen Museumsbesucher, Herrchen oder Frauchen, wartet. „Wir müssen draussen bleiben“, heisst es dann meistens. Der Hund ist Opfer, aber auch ein Kunstwerk.
Ebenso geht Ortega im Museumsinneren mit dem Kunstbegriff um. So konnten Angehörige der middle class gebrauchte Haushaltsgegenstände wie Staubsauger, Lampe oder Sessel gegen neue Objekte eintauschen, die ihnen der Künstler mit dem Geld kaufte, das ihm die Stadt Mönchengladbach als Ausstellungszuschuss bewilligt hatte. Was höchstens gerissene Werbestrategen oder perfide Antiquitätenhändler benutzten, um ihre Produkte bekannt zu machen oder die Eigentümer:innen hinters Licht zu führen, das benutzt Ortega in einem paradoxen Sinn, indem er kulturelle öffentliche Mittel quasi verschleudert. Was wie ein Schildbürgerstreich aussieht und vom ökonomischen Gesichtspunkt aus töricht erscheint, macht in der Wertehierarchie der Gegenwartskunst wieder Sinn. Gebrauchtes Objekt und ein zweites Objekt des neuen werden im Museum ausgestellt. Sie werden nicht nur als Ready-Mades dem Skulpturenbegriff der Kunst zugeführt, sondern ihr paradoxes Tauschsystem kann in der Wertehierarchie der Kunst nochmals in die Tauschkette eingebaut werden. Denn es besteht kein Zweifel daran, dass der Künstler die Objekte verkaufen will.
In einer dritten Arbeit, die Antonio Ortega präsentiert, einem Video, vereinen sich unter dem Titel „Resignation und Furcht“ Aspekte der Wertverwandlung, des Mitleids und des Demagogischen zu einem besonderen Slapstick. Zwei eierförmige Fingerpuppen unterhalten sich in der Weise, dass die eine offensichtlich eine Gesichtsoperation hinter sich hat, die von der anderen Puppe auf makabre Weise als normal qualifiziert wird. Es ist der Effekt der Gesichtsoperation, wenn der Verband entfernt wird. Wenn die operierte Puppe voll Resignation ihr Gesicht als das eines Toten bezeichnet, dann kippt das Spiel in die Wirklichkeit um. Beide Eierpuppen sind aus Beton gegossen, die eine genauso tot wie die andere.
Wie in alten spanischen Schelmenromanen katapultiert Ortega die Betrachter:innen in sein grausames Spiel, indem der Arme noch ärmer, der Isolierte noch ausgeschlossener und der Wohlhabende noch reicher wird. Aber er treibt dabei das Spiel der Kunst, das alle Teile des Systems zur Darstellung zwingt und als Tauschwerte positioniert. Ortegas Hund ist für die gebeutelte Stadt Mönchengladbach am Ende ein Gewinn. Er darf zwar nicht in das Museum hinein, und es kann auch keinen Eintritt für ihn erhoben werden. Aber der Tierpräparator wurde aus einem spanischen Kulturfonds bezahlt, da er seine Demagogie nochmals in Barcelona vorführen soll.