Die Konservierung und Restaurierung der Außenplastik
Soft inverted Q von Claes Oldenburg

Zusammenfassung

Die pinkfarbene, fast 2 Meter hohe Außenplastik Soft inverted Q von Claes Oldenburg ist nicht nur eines der prominentesten Ausstellungsstücke des Museum Abteiberg, sondern sie umfasst auch eine der umfangreichsten und spannendsten Restaurierungsgeschichten innerhalb der Sammlung. Die Plastik konnte 1980 im Rahmen von Kunst am Bau erworben werden und befindet sich seit 1982 im museumseigenen Skulpturenpark. Hier ruht Soft Inverted Q auf den Reisterrassen und versinnbildlicht die typischen Inhalte der Pop Art, die Claes Oldenburg in seiner unverwechselbaren künstlerischen Handschrift in ihr umgesetzt hat. Klimaeinflüsse, natürliche Alterung, Vandalismus wie auch der technische Aufbau führten dazu, dass starke Schäden im Gesamtgefüge des Kunstwerks auftraten. Nach intensiven Recherchen und Untersuchungen wurde ein umfangreiches und innovatives Restaurierungskonzept erarbeitet, welches mit Hilfe des ‚Förderprogramms NRW‘ und dem Verband der Restauratoren in einem mehrjährigem Prozeß realisiert werden konnte.

Das Soft inverted Q

Der aus Schweden stammende amerikanische Künstler Claes Oldenburg (*1929) stellte erstmals 1962 seine „soft sculptures“ New York aus, auf deren formale und konzeptuelle Idee auch die nun restaurierungsbedürftige Skulptur am Museum Abteiberg zurückgeht. [1]

1972 wurde Oldenburg eingeladen, für den Park der Stadtbibliothek in Akron (USA) eine Außenplastik zu gestalten. Inspiriert durch die ehemals in Akron ansässige Gummiindustrie und die unmittelbare Nähe zur Bibliothek, versuchte er in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Firestone ein Kunstwerk zu erschaffen, das eine Symbiose aus Autoreifen und Buchstaben bilden sollte: das umgedrehte, dadurch besser identifizierbar, Q. Da aber eine Umsetzung mit dem Material Gummi technisch scheiterte, wich man auf Beton aus. Oldenburg beginnt die Zusammenarbeit mit der Firma Lippincot Inc. Connecticut, die 1976 einen ersten ca. 2 m hohen Prototyp erstellt. [2] Zeitgleich entwickelte er mit dem US-Farbunternehmen TNEMEC einen individuellen Farbton, der nach dem Künstler Oldenburg Plum benannt wurde und den soften wie auch poppigen Charakter des Kunstwerks wesentlich unterstreicht. [3]

Die Restaurierungshistorie
Der spektakuläre Standtort im Skulputurenpark katalysierte aber die Schwächen der früheren Herstellungstechnik enorm. Das Farbsystem degradierte unter der starken UV-Einstrahlung so schnell, dass bereits 1986 ein erster Neuanstrich aufgetragen wurde. Aber auch in den folgenden Jahren verursachte ein Bindemittelversagen eine erneute unregelmäßige Farberscheinung des Oldenburg Plum. Hinzu kamen unzählige, Vandalismus bedingte Fehlstellen in der Fassung. Der exponierte Standort führte zudem durch regelmäßige Feuchtigkeitsansammlungen auf der eisernen Standfläche zu aktiver Korrosion. Da die Betonplastik ohne Isolierung ihrer Unterseite einfach mit der Eisenplatte verschraubt wurde, konnte Feuchtigkeit kapillar im Sockelbereich des Kunstwerks aufsteigen und große Schäden am Betonkern wie auch der Fassung verursachen.

Trotz kleinerer Maßnahmen im Jahr 2002 verschlechterte sich das Materialgefüge zunehmend und da die ursprüngliche optische Aussage des Kunstwerks kaum mehr ablesbar war, entschloss man sich 2007 zu umfangreicheren Maßnahmen.

In Rücksprache mit dem Künstler wurde die Fassung abgeschliffen und vollständig erneuert. Die Standfuge zwischen Betonplastik und Eisenplatte wurde von außen isoliert.
Doch zeigte sich 2013 erneut, dass aufgrund eines oberflächlichen Bindemittelabbaus die pinke Oberfläche zu einem hellen Rosa verblasste und die großen Schäden im Sockelbereich an Fassung und Beton abermals auftraten. Ein Anschleifen und Polieren der obersten, gealterten Fassungsschicht stellte zwar die ursprüngliche Farbigkeit wieder her, doch die bereits erwähnten weiteren Probleme konnten so nicht behoben werden. [4] Ebenso blieb die Frage nach dem Zustand des Betonkerns unbeantwortet.

Expertenworkshop
In Zusammenarbeit mit der Koordinationsstelle des NRW-Restaurierungsprogramms ergab sich die Idee, einen Expertenworkshop zur Konzeptfindung einer nachhaltigen Restaurierung einzuberufen, nicht zuletzt, da Soft inverted Q mit seiner Problemstellung ein grundsätzliches, interdisziplinäres Forschungsinteresse berührte. Als Ergebnis des 2018 tagenden Workshops wurde festgehalten, dass das Restaurierungsvorhaben in zwei Phasen durchgeführt werden sollten: a) Abbau und Abtransport der Plastik, eingehende Analysen zur Zustandserfassung des Gesamtgefüges und darauf basierend die Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts und b) Umsetzung der Restaurierungsmaßnahmen.

Nach Genehmigung des Förderantrags wurde Soft inverted Q 2019 mit hohem technischem Aufwand und einigen Schwierigkeiten abgebaut, da die tonnenschwere Plastik nicht wie geplant mittels großer Ringschraube und innenliegender Gewindehülse angehoben werden konnte, sondern erst durch Einschlaufen von Plastik und Eisenplatte zu bewegen war.

Die beteiligten Betonexperten stellten im Depot fest, dass die Skulptur aus einem Betonmantel mit innenliegender Stahlbewehrung in Form eines rechteckigen Rasters besteht, dabei innen jedoch hohl und mit Styropor gefüllt ist. Die größte Sorge, dass es im Inneren der Plastik zu starker Korrosion gekommen war, die das Gesamtgefüge des Objekts gefährdet, konnten Analysen zum Karbonatisierungsgrad des Betons ausräumen. Lediglich im Sockelbereich konnte verstärkt Feuchtigkeit festgestellt werden, die zu den bekannten Schäden an Fassung und Beton geführt hatte.

Auch der Zustand der eisernen Platte erwies sich als besser als angenommen. Die Unterseite zeigte zwar weit weniger aktive Korrosion als befürchtet, jedoch konnten die stark korrodierten Verschraubungen nicht wie geplant gelöst werden. Obwohl ein erzwungenes Ablösen der Platte viele Risiken barg, war nur so eine nachhaltige Restaurierung wie auch die Gewährung der Verkehrssicherheit möglich. Zeitgleich wurde Kontakt zum US-Farbhersteller TNEMEC aufgenommen, der das Oldenburg Plum als Farbvorlage archiviert hatte. In Abstimmung mit Claes Oldenburg wurden Farbmuster erstellt und durch die Firma Blach umgesetzt.

Die Restaurierung
Die Umsetzung des Maßnahmenkonzepts erfolgte 2020: die gesamte Fassung, Kittungen und lose anhaftende Betonpartikel wurden mittels Kalziumsilikat abgestrahlt, anschließend wurde die offene Oberfläche mit einem Epoxy-Haftgrund grundiert. Im nächsten Schritt wurden Risse und Fehlstellen ausgeweitet und mit einem mineralischen Injektionsmaterial verfüllt, bzw. mit einem Betonergänzungsmaterial reprofiliert [5]. Der stark geschädigte Sockelbereich wurde mit einem 2-K Polyesterspachtel egalisiert, ebenso leichte Dellen in der Oberfläche. Letzte Unterschiede im Höhenniveau wurden mit einem Betonfeinspachtel ausgeglichen und glattgeschliffen. Im Anschluss wurde auf der gesamten Betonfläche ein PUR-Grundfüller appliziert. Nach dem Trocknen erfolgte der farbige Lackiervorgang mit einem HS-2K-Decklack auf Polyurethanbasis. Die nun pinke Oberfläche wurde leicht angeschliffen und mit einem MS-Klarlack versehen. Dieser Lack, der sich durch äußerst hohe UV-Beständigkeit, Kratzfestigkeit und Anti-Graffiti-Eigenschaft auszeichnet, wurde in seinem Glanzgrad am Original orientierend eingestellt. [6]

Um beide Kontaktflächen von der oberseitigen Eisenplatte wie auch Unterseite der Betonplastik behandeln zu können, wurde Soft inverted Q mit Gurten in einem speziellen Verfahren eingeschlauft und mittels Gabelstapler auf zwei Palettenstapel gehoben. Da verschiedene Versuche, die stark korrodierten Schlitzschrauben von der Unterseite der Platte zu lösen erneut scheiterten, entschied man sich, die Schrauben mittels einer Magnetbohrmaschine aufzubohren, die bei Arbeiten über Kopf den notwendigen Bohrdruck erzeugt. Durch das folgende Anheben der Plastik um wenige Millimeter und vorsichtiges Hebeln an den Schraubenresten, löste sich schließlich die Metallplatte ab.

Die Rostpartikel konnten nun von allen Seiten durch Schleifen der Eisenplatte entfernt werden. Diese erhielt anschließend einen ölbasierten Korrosionsschutz. Der Kontaktbereich zwischen Platte und Plastik wurde zusätzlich durch Auftrag einer Epoxidharzschicht isoliert. An die Schraubreste an der Betonunterseite wurden Bleche angeschweißt, welche eine größere Drehmomentübertragung und schließlich ein Extrahieren der Schrauben ermöglichte. Die in der Plastik liegenden, nicht mehr intakten Messinggewinde ließen sich durch Bohrvorgänge entfernen. [7]

Die neuen Edelstahl-Innengewindeanker wurden mit Senkkopfschrauben an der Eisenplatte fixiert. Die Bohrungen in der Plastik wurden mit Montagekleber verfüllt, Soft inverted Q mittels Gabelstapler über der Eisenplatte mit den Hülsen positioniert und abgelassen.[8] Die Plastik wurde im Herbst 2020 nach Mönchengladbach zurücktransportiert und über den Winter in einem temperaturgeführten Depot zwischengelagert. Im Mai 2021 erfolgte dann die Wiederinstallation am originalen Standort mit ebenso hohem, technischen Aufwand, mit der die Plastik auf den Tag genau vor 2 Jahren demontiert wurde.

Fazit
Das Ziel einer umfassenden und nachhaltigen Instandsetzung bei gleichzeitiger Erhaltung des künstlerintendierten Standorts konnte durch die Kooperation von Fachexperten und Künstler erfüllt werden. Die Zusammenarbeit ermöglichte nicht zuletzt die Realisierung eines der risikoreichsten Schritte, das Ablösen der Plastik von ihrer Standplatte und das Abdichten der Standflächen. Die Rekonstruktion und der zukünftige Schutz der originalen Farbfassung wurde durch ein speziell aus der Luftfahrt stammendes, leistungsstarkes Lacksystem gewährleistet, welches der Lichtexposition des Standortes durch seine Alterungsstabilität entgegentritt. Lediglich im Winter „verschwindet“ die pinke Plastik unter einer speziell angefertigten, schützenden Einhausung.

Wurden anderenorts Außenplastiken in den Innenraum verlegt um Pflegeaufwand und -kosten zu reduzieren, konnte Soft Inverted Q im Skulpturenpark wieder aufgebaut werden und dort in seiner Interaktion zwischen Museum und Natur weiterhin erlebt werden.

Text: Christine Adolphs, Dipl. Restauratorin

Anmerkungen

[1] Vgl. Titz, Susanne, NRW-Förderantrag 2019 zur Restaurierung der Außenplastik Soft inverted Q von Claes Oldenburg, S. 3-4, Archiv Museum Abteiberg, Mönchengladbach.
[2] Oldenburg erschuf insgesamt 4 einheitlich große Prototypen des Soft inverted Q. Sie befinden sich heute neben dem im Museum Abteiberg (2/4), Mönchengladbach, in: 1/4 Akron Art Museum, Akron, Ohio; 3/4 Iris & B. Gerald Cantor Center for Visual Arts at Stanford University Stanford, Kalifornien; 4/4 Samsung Corporation, Seoul, Südkorea
[3] Adolphs, Christine, Claes Oldenburg – Soft inverted Q. In: Mitteilungen des Museumvereins Abteiberg. # 04/2021. Mitteilungen September / Oktober / November 2021, S. 4.
[4] Adolphs, Christine, Farbige Skulpturen. Damit das Pink wieder leuchtet. In: Restauro 6, 2015, S. 26-27.
[5] 8 Freundliche schriftliche Mitteilung von Constanze von zur Mühlen am 23.08.2021
[6] Freundliche mündliche Mitteilung von Jürgen Blach am 13.07.2021.
[7] Vgl. Ricart, Alberto Gil, Dokumentation der Demontage der Bodenplatte, Objekt Soft inverted Q von Claes Oldenburg, S. 4-6, Berlin, 2020

Abbildungen
[1] Soft inverted Q von Claes Oldenburg nach der Restaurierung, Foto: Achim Kukulies
[2] Korrosion am Standfuß, Foto: Christine Adolphs
[3] Farbveränderungen durch UV Einstrahlung, Foto: Christine Adolphs
[4] Vandalismusspuren, Foto: Christine Adolphs