Die Ausstellung von Katarzyna Przezwańska ist der erste institutionelle Auftritt der Künstlerin in Deutschland. Als Anregung für die Einladung dienten die Architektur und das Design des von Hans Hollein entworfenen Museums. Die Künstlerin hat nach ihrem ersten Besuch im Museum Abteiberg im März 2012 eine Reihe von schlichten Interventionen entworfen, die verschiedene Räume des Museums einnehmen. Dabei waren für sie nicht so sehr die Konzeption des Museums, sondern viel mehr die bis ins Detail durchdachten Architekturformen selbst, die minutiös entworfene Gestaltung eines jeden einzelnen Elements von Interesse. Przezwańska nimmt diese Details als Ausgangspunkt und verändert sie mittels einfacher Eingriffe, wodurch sie stark individualisierte und von der Natur durchdrungene Räume kreiert.
Im Zentrum des Werkes von Katarzyna Przezwańska stehen jene ausschließenden Diskurse, über Farben, die den chromophobischen Impuls der westlichen Mentalität zeigen: Einerseits wird Farbe als eine Eigenschaft des Anderen betrachtet und üblicherweise mit dem Weiblichen, Orientalen, Primitiven, Infantilen oder dem Vulgären konnotiert. Und andererseits stuft man sie herab auf die Ebenen des Oberflächlichen, Überflüssigen und des Unwichtigen. Die Künstlerin, deren Arbeit auf Farben basiert, stellt diesen marginalisierenden Diskursen die Farbe als eins der unmittelbarsten künstlerischen Mittel entgegen, Verursacher und Basis aller formalen und inhaltlichen Veränderungen. Oft bedient sie sich dabei lokaler und kontextueller Farbsymbolismen, nutzt die sinnliche und emotionale Ausstrahlung der Farben oder – ganz im Gegenteil – die Farbe als eine konstruierte Idee, als ein Mittel, das es vermag, Ordnung zu schaffen. Zwei weitere wichtige Ansatzpunkte für Katarzyna Przezwańska sind die Natur – ihre gestalterischen Phänomene und Differenziertheiten – und die jeweilige architektonische Umgebung, in der sie arbeitet.
Postmoderne Architektur bot in ihrem Gegensatz zum reduktiven, sich als universell gebenden Programm des Modernismus nicht nur formelle Vielfalt, sondern auch eine Berücksichtigung von Kontext und Geschichte des Ortes. Gleichzeitig beruhten ihre Entwürfe auch immer noch auf der Carthesianischen Regel – dem regulären Raster oder Gitter, das die Moderne so sehr bestimmte. Katarzyna Przezwańska merkt, wie anspruchsvoll die Räume des Museums Abteiberg für die Kunst sind, und verändert die sich wiederholenden und fest anmutenden Strukturen. Der Eingangspavillon wird zu einem kontemplativen und einladenden Ort, an dem die Natur ihre Spuren hinterlassen hat. An einer anderen Stelle in der Gartenebene der Ausstellungsräume lässt die Künstlerin die Außenmauer mit ihrer Bepflanzung durch das Fenster in das Museum eindringen. Eine Reihe der präsentierten Arbeiten sind Resultat eines Arbeitsaufenthaltes der Künstlerin in Brasilien. Sie bezieht sich dort nicht direkt auf die Architektur des Gebäudes, doch die Phänomene von Gestaltung und Architektur bleiben im Zentrum des Interesses. Hier sind die Inspirationen, die sie aus der Natur nimmt, besonders deutlich. In kurzen Filmen, einer Reihe von Entwürfen, die sie für die Einwohner des amazonischen Waldes angefertigt hat, erkennt man die Eigenschaften der lokalen Landschaft, die auch brasilianische Architekt:innen und Künstler:innen stark geprägt hat: die Üppigkeit und Buntheit des Tropischen.
Katarzyna Przezwańska (*1984) lebt und arbeitet in Warschau. Sie hat Malerei an der Akademie der Künste in Warschau studiert; in der Klasse von Jarosław Modzelewski. Zu den bisher realisierten Ausstellungen und Projekten gehören eine Reihe von Interventionen im Bródno Park (realisiert vom Museum of Modern Art in Warsaw 2010), „Fitting in Space”, Beirut 2010; „Beginning of an Exotic Journey’’, Avant-Garde Institute, Warschau 2009, „Sławek Pawszak feat. Kasia Przezwańska“, Galerie A, Warschau 2009 sowie die Einzelausstellungen ,,Natural Selection’’, Galerie Kolonie, Warschau 2011 und „Wrzeciono 5 m. 145’’ (in der eigenen Wohnung) 2009.
2012 war sie Atelierstipendiatin der Fundação Armando Alvares Penteado FAAP, in Sao Paulo, Brasilien.
Die Ausstellung wurde von Agnieszka Skolimowska kuratiert und bildet den Abschluss ihres einjährigen Aufenthalts am Museum Abteiberg im Rahmen des Robert Bosch Stipendiums für Kulturmanager:innen aus Mittel- und Osteuropa. Die Umsetzung der Ausstellung wird von der Robert Bosch Stiftung dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) und dem Adam Mickiewicz Institut im Rahmen des Projekt Klopsztanga Polen grenzenlos NRW unterstützt.