Man Ray gilt als einer der experimentierfreudigsten Künstler dieses Jahrhunderts, einer der sich in so verschiedenen künstlerischen Medien wie Malerei, Plastik, Collage, Zeichnung, Druckgrafik, Film, Poesie etc. zu äußern vermochte. Insbesondere die Fotografie verdankt ihm schöpferische Impulse, denen nachfolgende Generationen noch immer verbunden sind. Der Sympathisant von Dada und Surrealismus war zeitlebens ein fantasiebegabter Meister der ironischen Doppeldeutigkeit und der Assoziationen – visionär, poetisch und paradox.

Man Ray, der 1890 in Philadelphia geboren wurde, war nicht nur in seiner Kunst bemerkenswert vielseitig, er war auch hinsichtlich seiner Lebensumstände ein Pendler zwischen den Welten, der in Amerika und Europa gleichermaßen zuhause war und doch stets auf seine Weise ein Außenseiter blieb. Noch in Amerika lernte er Marcel Duchamp kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. 1921–1940 lebte er in Paris, wo er in den Kreisen der Dadaisten und Surrealisten rasch heimisch wurde. In den 1930er-Jahren entsteht eine Fülle von Porträtfotos berühmter Persönlichkeiten der Kunstszene und der Gesellschaft. Meret Oppenheim, Picasso, Duchamp und Nusch Eluard sind ebenso vertreten wie James Joyce oder Gertrude Stein und viele andere mehr. Der Ausbruch des 2. Weltkrieges veranlasste Man Ray 1940, nach Amerika zu fliehen und sich in Hollywood niederzulassen. 1946 heiratete er Juliet Browner, die ihn zu zahllosen Aufnahmen inspirierte. Nicht zuletzt die Werkgruppe der „Fünfzig Gesichter von Juliet“, Fotografien aus den Jahren 1941–1955, legt davon ein eindrucksvolles Zeugnis ab. 1951 kehrte Man Ray nach Paris zurück, wo er 1976 starb.

Der italienische Kunsthändler und Sammler Giorgio Marconi, der Man Ray 1968 kennenlernte, trug eine in dieser Form einmalige Sammlung zusammen, in der das Spätwerk Man Rays besonders stark vertreten ist, die aber auch aus den frühen Schaffensphasen bedeutende Werke des Künstlers vereint, sodass sie einen repräsentativen Einblick in das Œuvre dieses Künstlers gibt und dabei den intimen Charakter der Privatsammlung bewahrt.

Das Städtische Museum Abteiberg Mönchengladbach und das Wilhelm Lehmbruck Museum der Stadt Duisburg haben die umfangreiche Sammlung Marconi, die annähernd 1000 Exponate umfaßt, in zwei einander ergänzende, aber dennoch eigenständige Ausstellungen aufgeteilt, wobei die beiden Museen unterschiedliche Schwerpunkte setzten. Das Skulpturenmuseum in Duisburg präsentierte in erster Linie die Objekte Man Rays. Das Museum Abteiberg Mönchengladbach konzentrierte sich auf das fotografische Werk, denn noch zu Lebzeiten Man Rays konnte ein repräsentatives Konvolut von fünfzig Fotografien für den Bestand erworben werden. Diese Werke waren ergänzend zu der Sammlung Marconi zu sehen. Zu den Höhepunkten der Ausstellung zählen die berühmten Rayographien der 1920er-Jahre sowie ein aufschlussreicher Werkkomplex von Kontaktabzügen, die teilweise Markierungen von der Hand Man Rays enthalten. Druckgrafiken, Gemälde, einige Multiples und vor allem surrealistische Zeichnungen aus der Sammlung Marconi begleiteten die Fotografien und vermitteln einen Eindruck von der lebendigen Vielseitigkeit dieses Künstlers.

Die Ausstellung wurde maßgeblich gefördert durch die Stiftung Kunst und Kultur des Landes Nordrhein-Westfalen. (Katalog mit 312 Seiten, alle Werke abgebildet, DM 54,-)

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