Unter dem Titel AXELLERATION realisiert das Museum Abteiberg erstmalig in Deutschland eine umfassende Retrospektive der belgischen Pop Art-Künstlerin Evelyne Axell (1935–1972). Dem Titel entsprechend (neolog. ‚accélération’) war es ein Leben und Werk in Höchstgeschwindigkeit. James Dean oder Grace Kelly ähnlich endete ihr Leben früh in einem Sportwagen; 1972 im Alter von 37 Jahren als Beifahrerin auf einer Landstraße bei Gent. Das Schicksal traf sie zu dem Zeitpunkt, als sie sich durchgesetzt hatte und als eine von wenigen Künstlerinnen im männlich dominierten Kunstbetrieb etablierte. Erst kurz zuvor (1969) hatte sie den renommierten Prix de la jeune peinture belge erhalten, den anerkanntesten Kunstpreis in Belgien. 1971 zeigte der Palais des Beaux-Arts in Brüssel bereits ihre zweite Einzelausstellung.

Axell fand ihre künstlerische Position in einer Verbindung von surrealen Verfahren und artifizieller Pop-Ästhetik, entwickelte dabei eine erotisch und psychedelisch geladene Bildsprache, eine weiblich kodierte Dimension der Pop Art. Fast immer sind es Aktbilder, oft Selbstporträts. Evelyne Axell stellte sich gegen die gesellschaftliche Konvention und forderte weibliche Libertinage ein: Sie nahm ihre Wünsche und ihren Körper zum Ausgangspunkt und demonstrierte Bilder einer Befreiung. Dabei spielte sie mit den medialen Repräsentationen der Frau als Schönheitsideal, Pin-up und sexuelles Objekt, sie übernahm deren Strategien und nutzte die irritierende Subversion aus, die in einer solchen Aneignung geschieht: Posen von Verführung, Erregung und Exhibition, erotischer und pornografischer Anmutung, die von einer Frau stammen.

Die Ausstellung präsentiert eine psychedelisch-surreale und visionäre Ästhetik aus der Zeit, in der Plastik, Plexiglas und Autolack zu neuen künstlerischen Medien wurden. Axell operierte mit starken Farben und einer virtuosen siebdruckartig stilisierten Darstellung von menschlichen Körpern. Ab 1967 malte sie nicht mehr auf Leinwand, sondern verwendete Emaillelacke auf Plexiglas und anderen Kunststoffen (u.a. Clartex). Viele dieser Werke haben einen reliefartigen Aufbau aus scharf konturierten, glatten und teils transluzenten Flächen, oft sind sie gesägt, als Figuren und Profile geformt, die über den Bildrahmen hinausragen.

Mehr als sechzig Exponate aus dem Nachlass ihres Ehemanns Jean Antoine und ihres Sohns Philippe Antoine sowie aus musealen und privaten Sammlungen kommen zusammen.
Neben Gemäldeserien und Objektbildern werden auch einige der transluzenten Paraventbilder sowie kleine Skulpturen zu sehen sein, außerdem eine große Zahl an Papiercollagen und Filzstift-Zeichnungen sowie einige bislang unveröffentlichte fotografische Selbstporträts, die zu Vorlagen ihrer Aktdarstellungen wurden.

Zur Ausstellung von Evelyne Axell im Museum Abteiberg erscheint ein Katalog im Verlag Lannoo Publishers: deutsch/englisch, 112 Seiten, rund 100 Abbildungen, Essay von Liesbeth Decan, Biografie von Jean Antoine, bearbeitet von Katharina Hohenhörst und Susanne Titz, Vorwort von Susanne Titz.

Ausstellung und Katalog wurden realisiert mit großzügiger Unterstützung durch die Hans Fries-Stiftung und das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW.