Thomas Houseago (*1972 in Leeds, lebt und arbeitet in Los Angeles) zählt zu den aktuell meistdiskutierten Bildhauer:innen der jungen Generation. Sein Werk demonstriert eine neue Auseinandersetzung mit skulpturaler Figuration. Es zeigt eine unerwartet sinnliche und plastische Dimension, eine beinahe archaische Materialität, die Wirkungsmomente von vergangenen und scheinbar unmöglich gewordenen skulpturalen Formen in sich hat: Standbild, Statue und Torso, antike und moderne Sinnbildern für Mensch, Gott, Kreatur.
Houseago riskiert die irritierende Wirkung der wiederkehrenden Körper und eine kunsthistorische Aufladung, deren Ernsthaftigkeit und Massivität auch das einstige Drängen nach dem modernen Menschenbild in Erinnerung ruft – besonders sinnfällig ist da die Tradition in Houseagos britischer Heimat, die Erinnerung an die anthropomorphen Abstraktionen von Jacob Epstein oder Henry Moore. Bei Houseagos Skulptur geschieht allerdings kein Wiedergang heroischer bzw. vergeistigt kreatürlicher Formen, sondern deren Wandlung ins Fiktionale und bühnenhaft Dramatische. Houseagos Skulpturen sind aktuell, da sie auch Fantasy sind, sie operieren mit fantastischen und mythischen Bildern. Sie könnten auch aus der digitalen Plastikwelt stammen und sind tatsächlich von ihr inspiriert. Doch es sind, vor all diesen Assoziationen, vor jeglichem Bild oder Abbild, sehr skizzenhafte und zeichnerische Gebilde. Besonders charakteristisch ist ihre kulissenartige Konstruktion: Houseagos Skulpturen sind zwar oft übermenschlich groß, doch zugleich hohl und offen, die Fleischlichkeit der Heroen bricht ab an platten Flächen, ihre Glieder sind nur grob anmontiert wie Prothesen. Weißer Gips, rohes Holz, Armiereisen und Kohlestift sind stets die ersten Materialien, dann folgen bildhauerische Gusstechniken, die Kraft neuer Verfahren ähnlich fragil, skizzenhaft und farblos auftreten können, die zwar Bronze sind, doch beinahe unerkennbar, unter weißlich kreidigen oder kontrastartig negativen, schwarz patinierten Oberflächen.
Thomas Houseago studierte am Saint Martins College of the Arts in London, danach in De Ateliers in Amsterdam, wo er so gegensätzliche Tutoren wie Stanley Brouwn, Georg Herold oder Thomas Schütte hatte. Anschließend lebte er mehrere Jahre in Brüssel. Er hatte frühe Ausstellungen im Stedelijk Museum Bureau Amsterdam (1996) und im SMAK Gent (2003) deren Resonanz desillusionierend war. Im Jahr 2003 wanderte Houseago nach Los Angeles aus. Um 2006 begann eine erfolgreiche Reihe von Ausstellungen, die sein Werk in den USA und Europa bekannt machten. 2010 war er Teilnehmer der Whitney Biennale in New York.
Das Museum Abteiberg präsentierte die erste institutionelle Ausstellung von Thomas Houseago in Deutschland. Für dieses Projekt erarbeitete Houseago eine Serie von skulpturalen Figuren und abstrakten Raumpaneelen. Houseago spricht von einer utopischen Vision, die auf der Marmorfläche und im weißen Neonlicht dieser Museumsräume zur Aufführung kommt. Houseago zeigte zudem auch frühe Skulpturen aus seiner Atelierzeit in Brüssel, die zum Teil noch nie ausgestellt waren.
Die Ausstellung wurde realisiert in Zusammenarbeit mit Modern Art Oxford und dem Centre international d’art et du paysage de l’île de Vassivière, Frankreich. Im Rahmen der Ausstellungsreihe erschien die erste Monografie des Künstlers (Februar 2011, Modern Art Oxford) sowie eine dokumentarische Ausstellungspublikation zu den Projekten in Mönchengladbach und Vassivière (Sommer 2011).
Pressekonferenz mit Thomas Houseago: