Cathy Wilkes (*1966, geboren und aufgewachsen in Belfast) zählt zu den Protagonist:innen der Glasgower Kunstszene, die seit den späten 1990er-Jahren große internationale Bedeutung besitzt. Wilkes ist eine der Pionier:innen mit frühester Präsenz, doch zugleich eine Einzelfigur, da sie von Beginn an eine härtere Auseinandersetzung der menschlichen Darstellung zeigt, die dem sozialen Realismus gewidmet ist. Und so demonstriert ihr gleichermaßen skulpturales, malerisches wie installatives Werk die Möglichkeit, für die heutige Gegenwart Genrebilder zu finden.
Diese Genrebilder entstehen nunmehr aus Mannequin-Figuren oder Puppen und vielerart gefundenen Objekten und Stoffen, die zu skulpturalen und räumlichen Szenerien verbunden werden. Ihre Skulpturen wirken malerisch, da sie oft mit Farbe oder auch Dreck bearbeitet wurden. Hinzu kommen Gemälde und divers bearbeitete Leinwände und Holzplatten, die wie Spuren oder ganz knappe Skizzen von existenziellen Situationen wirken: Weit entfernt von der vertrauten Genremalerei der Kunstgeschichte ist Wilkes Malerei abstrakter, materieller und zugleich immaterieller.
Es ist eine tiefe Traurigkeit, eine existentielle Dar- und Ausstellung von Leben und Tod, eine Darstellung von Trauer, wie eine dramatische Szene auf einer fiktiven Bühne.

Gerade vor letztgenanntem Hintergrund scheint es wichtig, Cathy Wilkes, die nunmehr erstmalig eine größere institutionelle Schau in Großbritannien erhielt, auch in Deutschland zu zeigen: Denn die Tropen von modernem Existentialismus und Brechtscher Bühnenhaftigkeit, die man in der zeitgenössischen Kunst heute so gerne sieht, sind von Cathy Wilkes miterfunden worden. Und zwar in einer so präzisen Weise, dass man die Transformation von einem Ausstellungsraum in einen Bühnenraum in einen Lebensraum in einen Albtraum erlebt – und dabei tatsächlich ergriffen wird.

Cathy Wilkes ist eine Künstlerin, die eher selten und mit großem Bedacht ausstellt. Das Konzept dieser Ausstellung – die in den Räumen von TATE Liverpool, Lentos Kunstmuseum Linz und Museum Abteiberg sehr unterschiedliche Gestalt annahm, war eine Zusammenfügung von Werken aus verschiedenen Phasen ihrer Arbeit: Eine Versammlung von Werken seit 1998, sowohl Rauminstallationen und Skulpturen als auch Gemälden und Skizzen, die nunmehr von der Künstlerin miteinander verbunden wurden und zu einer großen Arbeit verschmolzen. Es handelte sich um Werke aus Privat- und Museumsbesitz, die mit Erlaubnis der Eigentümer nun temporär ihre Umrisse und Grenzen verloren. In einem Akt umfassender künstlerischer Wiederaneignung baute Cathy Wilkes aus ihnen allen eine große räumliche Installation.

Cathy Wilkes hat für die drei Stationen dieser Ausstellung einen Katalog realisiert, der Aufbau und Atmosphäre ihres Konzepts in einer Abfolge von Bildern und eigenen Texten kommentiert: Paperback, 64 Seiten, 26 ganzseitige Abbildungen.

PROGRAMM

8. November 2014, 14 Uhr
AUSSTELLUNGSGESPRÄCH mit Cathy Wilkes


Die Ausstellung entstand in Kooperation mit TATE Liverpool und Lentos Kunstmuseum Linz. Die Realisierung der Ausstellung im Museum Abteiberg wurde gefördert durch die Kunststiftung NRW und die Hans Fries-Stiftung.