Die amerikanische Künstlerin Laurie Parsons (*1959 in Mount Kisco, New York) wurde in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren durch einige Ausstellungen präsent und verschwand dann aus der Kunstwelt mit der entschlossenen Geste einer Hinwendung zu einem Engagement für etwas Anderes. Ein bedeutendes Konvolut von Arbeiten entstand 1987. Es war 1988 in der New Yorker Lorence-Monk Gallery und 1989 in der Kölner Galerie Rolf Ricke ausgestellt und wurde anschließend als komplette Ausstellung von einer deutschen Privatsammlung erworben. Kürzlich wurde es wiederentdeckt und erworben von Gaby und Wilhelm Schürmann. Es sind Fundstücke, die zumeist aus der Umgebung von Parsons Atelier in New Jersey stammen – aus dem Müll von Straßen, Natur- und Industriebrachen. „A body of work“ beruft sich auf Parsons’ Begrifflichkeit in einer titellosen Ausstellung, die interessanterweise nicht das Wort Installation enthielt. Dessen Vermeidung ist vermutlich ein Schlüssel für das Verständnis ihrer Haltung. Gezeigt wurde der Status der Fundstücke als ebensolche. Als Dinge von der Straße. Jedes einzeln. Wertvoll in seiner Herkunft und stark in seiner Präsenz, „so stark wie ein Kunstwerk“ (Laurie Parsons).
Die Art, wie Parsons mit den Ausstellungen dieser alltäglichen Objekte Aufmerksamkeit für deren Herkunft erzeugen wollte, signalisierte den Anfang ihrer Abwendung von Kunstobjekt und Kunstwelt hin zu Alltagsobjekt und Alltagswelt. Es war eine Geste von Widerstand und eigener Entwicklung, die in Anknüpfung an Lucy Lippards Satz von der „dematerialization of the art object“ in den späten 1960er-Jahren als eine „dematerialization of the art career“ in den späten 1980er-Jahren bezeichnet werden kann, als das Phänomen der Entmaterialisierung einer Künstlerkarriere. Ihre folgende Ausstellung in der Lorence-Monk Gallery zeigte 1990 lediglich den Galerieraum und -betrieb, kein einziges künstlerisches Objekt. Die Einladungskarte war blanko, ohne Künstlernamen, enthielt nur Signet und Adresse der Galerie. Sie veranlasste, dass diese Ausstellung auch nicht in ihrer Biografie auftauchte. Parsons stellte fortan weitere kritische Forderungen an Galerien und Institutionen. Ihre Ausstellungsbeiträge bestanden darin, dass sie beispielsweise als Praktikantin im Team der Galerieassistenten (Andrea Rosen Gallery, New York, 1990–1991) oder mit den Museumswärtern (New Museum, New York 1992–1993) arbeitete. 1991 überließ sie den Besucher:innen des New Museums in New York einen offenen Stapel 100-Dollar-Noten. Zuvor lebte sie sechs Wochen im Ausstellungsraum des Forum Kunst Rottweil, in aller Öffentichkeit, versorgt mit Mobiliar, Versorgung und dem ständigem Austausch mit den Rottweiler Bürger:innen, an den Vormittagen arbeitete sie in einem dortigen Heim für Behinderte. Um 1994 beendete Parsons schließlich ihre künstlerische Arbeit mit der Feststellung, „that art must spread into other realms, into spirituality and social giving“. Seither ist sie als Sozialarbeiterin tätig. Sie arbeitet mit Menschen, die in Obdachlosigkeit leben, und mit psychisch Kranken. Seit vielen Jahren vermeidet sie jeglichen Rückbezug auf ihre vergangene künstlerische Arbeit.
PROGRAMM
15. April 2018, 14 Uhr
AUSSTELLUNGSGESPRÄCH mit Wilhelm Schürmann und Susanne Titz
Die erneute Ausstellung der Objekte in einem Sammlungsraum des Museums Abteiberg wird ergänzt durch einen Katalog mit einem neuen Text von Maxwell Graham und einem frühen Text von Renate Puvogel über das Werk von Laurie Parsons sowie einer fotografischen Dokumentation aller Objekte von Wilhelm Schürmann. Die Publikation wurde realisiert mit Unterstützung der Schuermann-Foundation.